23. Dezember

Unter'm Mistelzweig


Die Mistelpflanze ist weltweit verbreitet. Sie wächst als kugeliger Busch hoch in den Bäumen, in deren Rinde sie ihre feinen Wurzeln verankert. Die Mistel bildet weiße, perlenartige Beeren aus.

Besonders bekannt ist die Mistel bei uns durch zwei Dinge: zum einen durch den - besonders in England und den USA beheimateten - Brauch, dass unter dem zur Weihnachtszeit aufgehängten Mistelzweig jede Frau von einem Mann geküsst werden darf - ob sie nun will oder nicht.
Und zum anderen, durch den weißgekleideten Druiden eines kleinen, keltischen, den Römern tapfer Widerstand leistenden Dorfes, der hoch in den Bäumen mit einer goldenen Sichel Misteln schneidet. Bekanntlich sind diese, neben Hummer, wichtiger Bestandteil eines Zaubertrankes.

In vielen Mythologien der alten Völker ist die Mistel zu finden.
Die Germanen glaubten, sie sei vom Himmel gefallen und die Mistel galt daher als heilig. Die alten Griechen betrachteten sie als ein Mittel gegen Gift. Andere Völker glaubten, sie könne Schlösser aufbrechen und vor Feuer und Krankeiten schützen. Männer und Frauen trugen Armbänder, an denen aus Mistelholz geschnitzte Amulette klapperten, und über den Zimmertüren hingen Mistelzweige zum Schutz gegen Hexen und böse Geister. Und in den nordischen Ländern verwendet man die Mistel als Glücksbringer zum Julfest.

Seit dem Altertum gilt die Mistel als ein Mittel gegen Epilepsie und Schwindelanfälle. Sebastian Kneipp pries ihre Wirkung gegen Fallsucht. Selbst in der modernen Medizin konnte sich die Mistel behaupten. Blätter und Preßsaft der Pflanze enthalten einen Stoff, der den Blutdruck senkt. Im Schweizer Kanton Aargau wurde sie mit Pfeil und Bogen heruntergeschossen. Wer sie mit der linken Hand auffing, besaß ein Allheilmittel gegen Kinderkrankheiten.

Die Mistel findet man in vielen weihnachtlich geschmückten Räumen.
Da die Mistel jedoch unverkennbar heidnischen Ursprungs ist, findet man sie nie in Kirchen.

Mistel

Abbildung aus: Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz 1885, Gera, Germany