97. Jahrestagung der DOG 1999

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AMNIONMEMBRAN-TRANSPLANTATION BEI VOLLSTÄNDIGEM SYMBLEPHARON UND ERBLINDUNG

S. Walter, H. Mittelviefhaus

Wir berichten über unsere Erfahrungen mit der Transplantation von konservierter menschlicher Amnionmembran zur Rekonstruktion der Augenoberfläche bei vollständigem Symblepharon.

Patient: Ein 10-jähriger Patient mit kombiniertem T- und B-Lymphozyten-Immundefekt entwickelte nach einer Varizella-Zoster-Virusinfektion eine fortschreitende Schleimhautnekrose im Bereich der Nase und beider Augen. Wegen des vollständigen Verschlußes der Nase durch hypertrophes Narbengewebe war es nicht mehr möglich, durch die Nase zu atmen. Das beidseitige Narbenentropium konnte durch eine Rücklagerung der vorderen Oberlidlamelle und Lippenschleimhauttransplantate gebessert werden. Als Komplikation traten narbige Kontrakturen im Mundbereich auf. Nach anfänglicher Besserung kam es zur erneuten Schrumpfung der Bindehaut und zum Verlust des Hornhautepithels. Die Verwachsungen der Lider mit dem Augapfel führten zur Erblindung des rechtes Auges. Bevor das linke Auge ebenfalls vollständig synechierte, wurde beidseits eine Amnionmembran-Transplantation vorgenommen.

Methode: Am rechten Auge wurden die Verwachsungen gelöst, und die gesamte Augapfeloberfläche und die Lidinnenseiten mit Amnionmembran gedeckt. Am linken Auge wurde die Amnionmembran dagegen nur auf die Innenseite des Oberlides, in den oberen Fornix sowie auf die Hornhaut und auf die Bindehaut der unteren Augapfelhälfte transplantiert. Der untere Fornix und die Innenseite des Unterlides blieben ausgespart. Die Amnionmembran wurde in der Nähe des unteren Fornix unter der noch normal erscheinenden Bindehaut fixiert. Die Amnionmembranen wurden von der Hornhautbank der Universitäts-Augenklinik Heidelberg zur Verfügung gestellt.

Ergebnisse: Drei Monate nach der Amnionmembran-Transplantation kam es überraschenderweise am vormals besseren linken Auge wieder zu einer erneuten Symblepharonbildung im bisher unberührten unteren Fornix und zu einem Narbenentropium. In den vollständig mit Amnionmembran ausgekleideten Fornices des rechten Auges und im oberen Fornix des linken Auges traten dagegen keine neuen Verwachsungen auf.

Schlußfolgerung: Bei unserem Patienten mit Symblepharon und vollständig zerstörter palpebraler und bulbärer Bindehaut konnte eine Amnionmembran-Transplantation eine erneute Symblepharonbildung aufhalten und orientierendes Sehvermögen erhalten. Unsere Erfahrungen sprechen dafür, daß entgegen den bisherigen Behandlungsstrategien die vorgeschädigte Bindehaut vor der Amnionmembran-Transplantation möglicherweise vollständig entfernt werden muß, um eine erneute Synechierung zu vermeiden.

Universitäts-Augenklinik, Killianstr. 5, D-79106 Freiburg


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