97. Jahrestagung der DOG 1999

K 431

STABILISIERUNG DES VERLAUFS VON ATROPHIA GYRATA DURCH LANGZEITDIÄT

G. Jaissle, M. Seeliger, D. Besch, E. Apfelstedt-Sylla



Hintergrund: Atrophia gyrata ist eine autosomal-rezessiv erbliche Netz- und Aderhautdystrophie. Typische Befunde sind Nachtblindheit und periphere Gesichtsfeldausfälle durch eine peripher beginnende zentripetal fortschreitende chorioretinale Atrophie, Myopie, sowie eine posteriore subkapsuläre Katarakt (PSC). Metabolische Grundlage ist ein 10-20-fach erhöhter Ornithin-Spiegel (OS) im Plasma aufgrund einer defekten Ornithin-Amino-Transferase. Der Effekt einer diätetischen Verminderung von Arginin (Precursor) wird in der Literatur unterschiedlich bewertet. Ziel dieser Untersuchung war es, die Auswirkungen einer früh begonnenen, langfristigen Diät auf den Krankheitsverlauf zu beurteilen.

Methodik: Bei einer zu Beginn der Studie 6-jährigen AG-Patientin wurde über einen Zeitraum von 12 Jahren der Verlauf unter argininarmer Diät verfolgt. Die 8 Untersuchungen in diesem Zeitraum umfaßten u.a. Anamnese, Basisuntersuchung, Goldmann-Perimetrie, Dunkeladaptations-Endschwelle, Elektroretinographie (ERG) sowie Kontrolle des OS.

Ergebnisse: Bei der Erstuntersuchung betrug der Visus bds. 0,1. Der Fundusaspekt zeigte zirkulär von peripher bis zu den großen Gefäßbögen die typische girlandenförmige chorioretinale Atrophie. Das Gesichtsfeld war konzentrisch eingeengt und das ERG stark vermindert. Der OS war mit 773 µMol/l stark erhöht (normal: 24-132 µMol/l) und konnte durch Diät innerhalb weniger Monate auf normale Werte gesenkt werden, verbunden mit einem Visus-anstieg auf 0.4. In der Folge kam es (compliancebedingt ?) zu einem Anstieg des OS auf etwa das 2-3fache der Norm. Visus und Gesichtsfeld blieben in dieser Zeit in etwa konstant. Etwa 10 Jahre nach Therapiebeginn setzte ein merklicher Visusabfall ein, der mit der Entwicklung einer deutlichen PSC einherging. Bei der letztmaligen Vorstellung betrug die Sehschärfe 0.1 bei konstanten GF- und Fundusbefunden.

Diskussion: Unter relativ guter Einhaltung der argininarmen Diät über 12 Jahre sind bei der Patientin die meisten klinischen Verlaufsparameter, insbesondere Gesichtsfeld und morphologische Ausdehnung der Läsionen, in etwa konstant geblieben. Die Sehschärfe der Patientin hat jedoch in den letzten 2 Jahren deutlich abgenommen, was wir v.a. auf die Katarakt zurückführen. Aufgrund des positiven Verlaufs ist daher die Diättherapie bei Atrophia gyrata aus unserer Sicht zu befürworten.

Universitäts-Augenklinik, Abt. II, Schleichstr. 12-16, 72076 Tübingen

Unterstützt durch die DFG (SFB 430, Projekt C2) sowie fortüne-Programm Nr. 517


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